Wir essen zu billig – ausbaden müssen es unsere Fische


    Kolumne von Johannes Jenny


    (Bild: zVg)

    «Mit einer neuen Messmethode haben Wissenschaftler des Wasserforschungsinstituts des ETH-Bereichs EAWAG nachgewiesen, dass die Spitzenkonzentrationen in einigen Fällen bis zu 170-mal höher sind, als in herkömmlichen Messungen nachgewiesen. Die Grenzwerte werden damit massiv überschritten.» berichtete SRF kürzlich. Doch nicht erst jetzt: Wenig beachtet, weist die EAWAG seit Jahrzehnten auf die Gefahr für die Wassertiere hin, welche von den Pestiziden ausgeht, mit denen wir billige Lebensmittel herstellen. Die Gifte, welche euphemistisch «Pflanzenschutzmittel» genannt werden, töten nicht nur Pilze, sowie pflanzliche und tierische Schädlinge. Sie vernichten schleichend die Bewohner unserer Gewässer. Wozu haben wir Kläranlagen und bauen für viele Millionen Fischaufstiegshilfen bei jedem Kraftwerk, wenn wir die Lebewesen in unseren Gewässern mit Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden vergiften? Die Schuld allein den Bauern in die Schuhe zu schieben, greift zu kurz. Die Landwirte müssen im Gestrüpp von Direktzahlungen und Vorschriften, den katastrophal tiefen Preisen der Grossverteiler und dem Druck von Bevölkerung und Politik einen Weg für ihr Auskommen finden. Die Verantwortung tragen wir alle. Denn über den Einsatz von Pestiziden auf den Feldern entscheiden wir nicht erst, wenn die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» und die «Initiative für sauberes Trinkwasser» zur Abstimmung kommen, sondern bei jedem Einkauf.

    Wer nach dem Prinzip «Geiz ist geil» einkauft, tötet unsere Fische
    Nur gut 16 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden aktuell biologisch bewirtschaftet. Landwirte können jedoch nur auf BIO umstellen, wenn der Absatz stimmt. Denn erst jede zehnte Schweizerin, jeder zehnte Schweizer ist bereit, etwas mehr für biologisch produzierte Lebensmittel zu bezahlen. Was ist zu tun? Kaufen wir, wenn immer möglich auf dem Wochenmarkt ein. Denn den Landwirten gehört die Wertschöpfung für ihre Produkte. Kaufen wir mehr BIO! Das ist nicht teurer, wenn wir wirklich nur einkaufen, was wir brauchen. Denn müssten Herr und Frau Schweizer für Lebensmittel weniger mit den Steuern und mehr beim Bauern bezahlen, liessen sie weniger vergammeln und auch krumme Rüebli fänden Absatz. So liesse sich der Minderertrag bei der Bioproduktion ausgleichen. Die Landwirtschaft müsste für die gleiche Wertschöpfung viel weniger produzieren, unsere Böden und wir selbst wären gesünder und mehr Arten zu Land – und vor allem im Wasser – würden überleben. Denn der Kunde ist König – auch in Sachen Ökologie. Seien wir also verantwortungsbewusste Königinnen und Könige!


    ZUR PERSON: Dr. sc. nat. Johannes Jenny ist Biologe und seit Jahrzehnten im Einsatz für die Natur und die Bevölkerung im Aargau und in Argentinien.

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