Jetzt kommen die jungen Wirtschaftscracks!

    Nach einem Jahr intensiver Arbeit war für viele Aargauer Kantonsschüler/-innen der Moment der Wahrheit gekommen: Sie stellten kürzlich im Rahmen der Pitch Competition Aargau der Young Enterprise Switzerland in der UBS-Geschäftsstelle in Aarau ihr Start-up vor. Während eines vierminütigen Pitchs bewiesen sie vor allem eines: Die Wirtschaftsaffine Jugend ist eine ernstzunehmende Konkurrenz für die künftige KMU-Wirtschaft.

    (Bild: LR) Nach einem Jahr nervenaufreibender Arbeit war der Moment der Wahrheit gekommen: Das Miniunternehmen Cowotra kurz vor der Verkündung ihres Sieges.

    Nervosität – dies ist für die 150 Kantonsschüler/-innen ein Fremdwort. Die Jungunternehmer/-innen stellten kürzlich im Rahmen der Pitch Competition in der UBS Aarau ihr Produkt kurz vor und beantworteten während sechs Minuten die kritischen Fragen der Jury. Mit einem selbstbewussten Auftreten, kreativen Einstiegen, kompetenten Auskünften und mit vollem Elan rissen die Jungen dabei die Jury mit. Die Pitches wurden auf zwei Halbtage verteilt und am Ende von jedem Halbtag wurden drei Gewinner gekürt. Die sechs finalen Start-ups sind dem Traum des Titels «Company of the Year» in dem nationalen Wettbewerb von YES einen Schritt näher gerückt.

    Frischer Wind auf den Markt
    Ob farbige Cookies, biologisch abbaubarer Kaugummi, portable Haarseife, Sirup aus der afrikanischen Superfrucht Baobab, Teeboxen, mit denen man seinen Tee individuell zusammenstellen kann oder ein Kochbuch für das perfekte Date – der Kreativität war bei der Gründung der Miniunternehmen keine Grenzen gesetzt. Und nicht nur bei der Jury kamen die Produkte gut an, eine UBS-Mitarbeiterin meinte im Gespräch: «Ich kaufe immer am nationalen Finale im Juni alle meine Weihnachtsgeschenke. Die Produkte sind innovativ, kreativ und voller Herzblut. Die kommen jedes Jahr bei meiner Familie gut an.» Doch der Findungsprozess für eine gute Idee war nicht für jedes Unternehmen so glasklar, wie das Siegerteam Cowotra der alten Kantonsschule Aarau verlauten liess: «Wir hätten fast ein anderes Produkt kreiert, dann haben uns aber Elena und Elisa, zwei Mitglieder der Gruppe, überzeugt, dass das Kochbuch cooler sei und dass wir dies weiterverfolgen sollen.» Teamwork sei das A und O für ein erfolgreiches Unternehmen. Es gehöre dazu, dass man verschiedene Meinungen hat, man müsse aber zusammen diskutieren und einen Kompromiss finden.

    Das Unternehmertum muss gefördert werden
    Die Pitch Competition startete mit einer Rede der Organisatoren und den Sponsoren des Anlasses, der UBS sowie des Badeners Unternehmens Schoop+ Co. AG. «Unternehmer zu sein, heisst, sich zusammen mit den Mitarbeitern weiterzuentwickeln, sich gemeinsam über Erfolge zu freuen, gemeinsam Niederlagen zu erleben und zu diskutieren. Unternehmertum ist vor allem eines: spannende Momente zu erleben», betonte Adrian Schoop, Unternehmer und FDP-Nationalratskandidat. Der Aargauer Grossrat unterstrich weiter: «Die Schweiz verfügt nicht über Bodenschätze. Deshalb sind unsere natürlichen Ressourcen die Unternehmer/-innen selbst. Das Unternehmertum fängt schon früh an und muss deshalb gefördert werden.»

    Praxiserfahrung ist das A und O
    Das Company Programm bietet eine Chance, die das Lehrbuch nicht bieten kann: Praxiserfahrung. Im Rahmen des Wettbewerbes war es für die Schüler/-innen möglich, ausserhalb der Schule zu lernen, was es braucht, um ein guter Unternehmer/in zu werden. Eine Mitgründerin von Cowotra meinte: «Mein Bruder hat das Fach Wirtschaft in der Schule, aber ohne Company Programme.» Er könnte zwar erklären, was der «Breakeven-Point» sei, aber er versteht ihn nicht, da er ihn noch nie praktisch angewendet hat. Sie hätten als Jungunternehmer durch das Programm gelernt, sich durchzubeissen und mit Niederlagen umzugehen. Jeder hätte auch selbst eine persönliche Entwicklung durchlebt und sei durch das Programm ein Stückchen erwachsener geworden. Sie seien alle dankbar für die Chance, etwas Einzigartiges zu erleben und zu lernen. Ein weiteres Mitglied des Unternehmens meinte: «Wenn wir ein Kochbuch verkauft haben, war das für mich weitaus belohnender und motivierender, als in der Schule eine gute Note zu schreiben, da ich dabei viel mehr lerne und mitnehme.»

    Starke Konkurrenz als Ansporn
    Vor allem für die alte Kantonsschule Aarau (AKSA) war der Wettbewerb ein voller Erfolg. Der 4-fach-Sieg löste unter den Mitschülern grosse Freude und Stolz aus. Der Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen Gruppen der AKSA sei sehr anspornend gewesen, meint das Unternehmen BaobUP: «Ein gesunder Konkurrenzkampf ist eine wichtige Grundlage für die Motivation innerhalb des Unternehmens.» Die starke Konkurrenz aus Aarau hätte somit ihren Ehrgeiz angekurbelt. Dass das Programm seinen Zweck erfüllt hat, merkt man auch an solchen Aussagen, welche deckungsgleich sind mit jenen des Badener Unternehmers Adrian Schoop: «Stillstand ist Rückschritt, wenn man keine Konkurrenz mehr hat, stagniert man.»

    So erzielt man langfristig Erfolge auf dem Markt
    Wie die Zukunft für die Teilnehmenden des Pitch-Wettbewerbes aussehen könnte, demonstrierte Nicholas Hänny in seinem Vortrag. Während seiner Schulzeit hatte er auch ein Miniunternehmen geführt. Heutzutage führt er das erfolgreiche Unternehmen NIKIN. Der Jungunternehmer ist mit bezahlbarer, nachhaltiger Mode auf Erfolgskurs und hat schon über eine Million Bäume gepflanzt. Auf die Frage, wie man sich als Start-up auf dem Markt langfristig erfolgreich etabliert, meint er: «Man braucht eine klare Vision und eine zielorientierte und einzigartige Positionierung, an der man langfristig festhält.»

    Lilly Rüdel


    Das sind die Gewinner:

    • Alvetia, von der Alten Kantonsschule Aarau, mit ihren O-mega Crackern aus Algen.
    • BaobUP, von der Alten Kantonsschule Aarau, die einen Sirup mit der Superfrucht Baobab produzieren.
    • Cowotra, von der Alten Kantonsschule Aarau, die ein eigenes Kochbuch für Date-Nights entwickelt haben.
    • Less., von der Kantonsschule Zofingen, mit ihren gesunden Energydrinks, welche sie in Glasflaschen verkaufen.
    • Scentastic, von der Alten Kantonsschule Aarau, die nachhaltige Duftstifte produzieren, welche nicht nur als Hautpflege, sondern auch als Parfüm geeignet sind.
    • Refruit, von der Kantonsschule Baden (WMS), die einen FruitSmash aus geretteten Früchten produzieren.

    NACHGEFRAGT BEI DR. ADRIAN SCHOOP

    «Das Durchhaltevermögen lernt man nur in der Praxis»

    Dr. Adrian Schoop, Badener Unternehmer, Aargauer-Grossrat und FDP-Nationalratskandidat war Sponsor und Juror der Pitch Competition Aargau. Wir haben nachgefragt wie wirtschaftsaffin unsere Jugend ist und wie junge Menschen für Wirtschaft und Unternehmertum sensibilisiert werden können.

    (Bild: LR) Adrian Schoop: «Jugendliche müssen die Möglichkeit haben, das Unternehmertum kennenzulernen.»

    Im Company Programme gründen und führen Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 16 und 20 Jahren ein Miniunternehmen und erleben während eines Schuljahres, was es heisst, eine Unternehmerin oder ein Unternehmer zu sein. Was beeindruckt Sie als Unternehmer an diesen Company Programmen besonders?
    Dr. Adrian Schoop: Junge Menschen kommen in diesen Programmen zum ersten Mal in Berührung mit dem Unternehmertum. Dabei lernen sie, wie man eine Idee umsetzt, einen Businessplan macht, Zielgruppen definiert und sich auf dem Markt durchsetzt – nicht als Spiel, sondern mit einem richtigen Unternehmen. Das finde ich grossartig.

    Wie beurteilen Sie das unternehmerische Potenzial unserer Jugend?
    Wenn die Jugendlichen, die ich an diesem Samstag als Juror erlebt habe, ein Abbild unserer Jugend sind, dann bin ich sehr zuversichtlich, dass die Schweiz auch in Zukunft ein Land mit innovativen Unternehmerinnen und Unternehmern sein wird.

    Was braucht es, um die Jugend noch mehr auf die KMU-Wirtschaft zu sensibilisieren?
    Jugendliche müssen die Möglichkeit haben, das Unternehmertum kennenzulernen. Solche Programme sind natürlich ideal, aber auch Praktikas und Firmenbesuche geben einen Einblick. Dazu müssen auch Lehrpersonen regelmässig den Kontakt zu den KMU pflegen.

    Wie unterstützen Sie als Unternehmer die Jugend in der Wirtschaft Fuss zu fassen?
    Wir laden zum Beispiel Schülerinnen und Schüler aus den Kantonsschulen in unseren Betrieb ein und geben so einen Einblick in ein KMU. Auch führen wir im Mai in Zusammenarbeit mit der Aargauischen Industrie- und Handelskammer zum ersten Mal einen Anlass durch, an welchem wir Lehrerinnen und Lehrer in Kontakt zu Lernenden bringen und diese hinsichtlich Fachkräftemangel sensibilisieren. Und als Ausbildungsbetrieb bieten wir rund 30 Lernenden eine Lehrstelle. Wir ermutigen diese, selber Ideen zu entwickeln, innovativ zu sein und früh Verantwortung zu unternehmen.

    Wie macht sich die massive Internetnutzung, vor allem von den sozialen Medien, bei der Gründung der Miniunternehmen bemerkbar?
    Social Media erleichtert den Einstieg in einen Markt. Mit etwas Geschick erreicht man rasch eine grosse Reichweite. Dazu braucht es auch keine riesigen finanziellen Mittel. Andererseits finden gute Ideen auch schneller Nachahmer – das ist nicht immer nur gut.

    Wie wird den Schüler/-innen das langfristige Überleben auf dem Markt beigebracht?
    Schülerinnen und Schüler lernen die Theorie. Das ist wichtig. Gründen sie dann ein richtiges Unternehmen, ist dies der Härtetest, der zeigt, ob ihre Idee auch in der Praxis funktioniert. Das Durchhaltevermögen, das es braucht, um ein Unternehmen langfristig erfolgreich zu führen, kann man in der Theorie nicht erlernen, sondern nur in der Praxis.

    Interview: Lilly Rüdel

    Weitere Informationen zu Adrian Schoop unter:
    www.adrianschoop.ch

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